Änderungen und Aussichten für 2017 mit der neuen Pflegereform

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Nach dem Willen des Bundeskabinetts soll Demenzkranken besser geholfen werden, gleichzeitig sollen pflegende Angehörige effektivere Unterstützung erhalten: Die Leistungen der Sozialen Pflegeversicherung sollen als zweite Stufe der Pflegereform spürbar ausgeweitet werden. Aber die Pflegereform hat auch ihren Preis. Wer profitiert davon und wer soll zahlen?

Der Sinn der Reform

Zum derzeitigen Stand erhalten 2,7 Millionen Menschen Leistungen aus der Sozialen Pflegeversicherung. Dabei wurden Demenzkranke bisher kaum berücksichtigt, weil sie zu einem großen Teil körperlich so fit sind, dass sie auf Grundlage die geltenden Pflegestufen nicht als pflegebedürftig eingestuft wurden. Als Folge der Pflegereform sollen nun bis zu 500 000 Menschen zusätzlich unterstützt werden.

Fünf Pflegegrade statt drei Pflegestufen

Ein veränderter Pflegebedürftigkeitsbegriff ist der zentrale Punkt. Er räumt auch Demenzkranken Ansprüche auf die gleichen Leistungen ein, die Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen zukommen. In diesem Zusammenhang sollen die bisher geltenden drei Pflegestufen durch fünf neu definierte Pflegegrade ersetzt werden. Dabei gelten die neuen Pflegegrade eins bis drei für geringe, dann für erhebliche und schließlich für schwerwiegende Beeinträchtigungen der individuellen Selbstständigkeit. Schwerste Beeinträchtigungen werden vom Pflegegrad vier erfasst und dem neuen Pflegegrad fünf werden „besondere Anforderungen an die pflegerische Versorgung“ zugeordnet. Die verschiedenen Pflegegrade erweitern die bisherigen Pflegestufen und werden unter besonderer Beachtung der individuellen Mobilität zugeordnet.

Die zentrale Frage ist: Kann sich der Pflegebedürftige vollständig oder teilweise noch selbst versorgen? Darüber hinaus werden psychische Problemlagen, Verhaltensweisen und die Ausprägung der kognitiven Fähigkeiten gewichtet. Das modifizierte Verfahren der Begutachtung gilt für sämtliche Personen, die nach dem 1. Januar 2017 einen entsprechenden Antrag an die Soziale Pflegeversicherung stellen. Auch Kindern oder geistig behinderten Menschen kommt das neue Begutachtungsverfahren zugute.

Nutzen für die Pflegebedürftigen

Alle Menschen in der bisherigen Pflegestufe 0 nützt die Reform besonders. Dabei handelt es sich um an Demenz Erkrankte; sie werden in den meisten Fällen um zwei Stufen höher eingruppiert werden. Damit verdoppeln sich ihre Ansprüche!
Andererseits müssen bisher als pflegebedürftig eingestufte Menschen nicht mit Nachteilen rechnen. Alle Leistungsansprüche werden in der Zukunft nur nach oben eingestuft. Somit wird auch den Pflegebedürftigen ein Bestandsschutz eingeräumt, die sich aktuell neu begutachten lassen, weil sie sich eine Höherstufung vorstellen. Sollten diese Untersuchungen Herabstufungen ergeben, werden diese ignoriert und die herkömmliche Einstufung bleibt bestehen. Anderseits können sich für die Menschen vergleichsweise Verschlechterungen ergeben, die nach der Einführung des neuen Begutachtungssystems 2017 pflegebedürftig werden.

Kosten bei Höherstufung der Pflegegrade

Für die Betroffenen sollen keine zusätzlichen Kosten entstehen – der fällige Eigenanteil soll durch die Höherstufung nicht ansteigen. Bedürftige in den Pflegegraden zwei bis fünf sollen einen identischen Eigenanteil begleichen. Dabei unterscheidet er sich je nach Pflegeheim und wird nach Berechnungen des Bundesgesundheitsministeriums im Jahr 2017 bei voraussichtlich 580 Euro liegen.
Allerdings entsteht eine individuell neue Kostensituation, wenn sich dem Anbieter der pflegerischen Leistungen durch abweichende Einflussfaktoren Mehrkosten darstellen, wie beispielsweise durch Gehaltssteigerungen des Pflegepersonals.

Änderungen für pflegende Angehörige

Besserstellungen sollen sich für die pflegenden Angehörigen unter anderem bei den Sozialbeiträgen ergeben. Die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung werden infolge der Pflegeversicherungsreform dauerhaft übernommen, wenn Angehörige aus dem Berufsleben ausscheiden, um Pflegeleistungen zu erbringen. Bisher war das lediglich für ein halbes Kalenderjahr der Fall.
Zudem soll eine Anpassung der Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung erfolgen: So soll die Pflegeversicherung Rentenbeiträge für diejenigen Angehörigen bezahlen, die ein Familienmitglied im Minimum zehn Stunden wöchentlich umfänglich pflegen. Die zehn Stunden müssen auf mindestens zwei Tage verteilt sein und dem Pflegebedürftigen muss wenigstens der Pflegegrad zwei zugeordnet worden sein. Für die Rentenbeitragsbemessung im oberen Pflegegrad fünf kann zukünftig von bis zu einhundert Prozent des Beitragssatzes ausgegangen werden.

Kosten und Kostenträger der Pflegereform

Berechnungen ergeben Mehrkosten von 3,7 Milliarden Euro im Jahr 2017 und von 2,5 Milliarden Euro in den nachfolgenden Jahren. Etwa vier Milliarden Euro werden die Überleitungen vom herkömmlichen in das reformierte System kosten, die sich allerdings auf mehrere Jahre verteilen. Ein Hauptkostenfaktor ist der umfängliche Bestandsschutz, der aus den Rücklagen der Pflegeversicherung ausgeglichen werden soll.
Insgesamt kostet die Pflegereform inklusive erhöhter Pflegesätze fünf Milliarden Euro. Durch die Erhöhung der Beiträge in die Pflegeversicherung soll der Betrag generiert werden. So ergeben sich ca. 2,5 Milliarden Euro für das jeweilige Jahr durch die Anhebung um 0,2 Beitragssatzpunkte mit Beginn 1. Januar 2017.
Zur Information: Gegenwärtig beträgt der Pflegebeitrag 2,35 Prozent. Kinderlose führen 2,6 Prozent ihres Bruttolohns ab.

Dauer der Umsetzungen der neuen Pflegereform

Der Kabinettsbeschluss zur Reform der Pflegeversicherung vom 11. August 2015 wurde dem Bundestag zur Beratung zugeleitet. Formal sollen Teile der Reform bereits 2016 umgesetzt werden. Allerdings wird die gesamte Umstellung auf den geänderten Pflegebedürftigkeitsbegriff und auf das reformierte Begutachtungsverfahren bis zum Jahresbeginn 2017 dauern.